Hotel-Suite

 Hochzeitsvorbereitungen

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Es ist leicht früher fertig zu sein als die Anderen!

Mir fehlen beispielsweise Augenwimpern, die ich antuschen müsste.

Auch brauche ich nicht anderthalb Stunden auf eine junge Dame mit einem roten Schlangenleder-Imitations-Koffer zu warten, weil mir ein Nageltip weggeflogen ist. Ferner kann mir kein Wachsstreifen einen Quadratmeter Haut abreißen, wonach ich – dank Blutsturz – den Hotelarzt ordern müsste.

Außerdem liege ich nicht 45 Minuten vor der Abfahrt des Brautjungfern-Busses bombenvoll über der Kloschüssel und würge, Kaviar, Champagner, Lachs, Sahnesoße, Meerrettich, Shrimps und Schoko-Chips raus.

Was sich weiterhin zugunsten meines 1A-Time-Managements auswirkt, ist das Faktum, dass ich ein Festkleid, nicht morgens um 5.30 Uhr anziehe und damit bis 9.30 Uhr insgesamt, mein Gesicht wasche, eincreme, Zähne putze, Haare kämme, Make-Up auftrage, oh Gott, Rouge (überall) verteile, Wimpern besprenkele, zwischendrin Kaffee schlürfe, Sekt kippe, über das Frühstücksbuffet in der Suite herfalle, rauche, Nägel passend zum Lippenstift umlackiere und ‚ne gerade zum Stehen gekommene Pulle Champus aufreiße.

Tja…das alles macht mich zum Zeit- und Überblick-Gewinner. Meine Wenigkeit ist nämlich die, die Kameras dabei hat und dafür sorgen kann, dass auch ein Viertel Jahrhundert später, alles flach liegt vor Lachen, weil natürlich kein Mensch eine Vorstellung davon hatte, was bei den Mädels in den knapp fünf Stunden Chaos-Vorbereitung abgegangen ist und wie haarscharf am Rande der Katastrophe, die Hochzeit tatsächlich vorm Platzen war.

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Die Mädels wechselten sich im Bad ab, um die Braut wieder auf die Beine zu stellen.


Während der liebevollen Schockbehandlungen der gelbgrünen Vicci, offenbarte eine der Brautjungfern, ebenfalls schwer angesoffen und heulend das Geheimnis, dass sie seit vier Jahren über alle Ohren in den Bräutigam verliebt sei. Um dieser Skandaläußerung noch zur Krönung zu verhelfen, schiebt sie noch hinterher, erst vor wenigen Monaten habe sich dann endgültig entschieden, wen von beiden, Alfred dann heiraten wolle. Das war die nicht zu toppende Schockmedizin!

Vicci löste sich aus der Kloschüssel, stand in Sekundenbruchteilen auf den Beinen und hatte noch ihre Haarbürste in der Hand, mit welcher sie Parterre gegangen war. Ohne Vorwarnung, nur mit einem zur Fratze verzerrten Gesicht, holte sie aus und zog der heulenden Süßen das Holzteil mit Schmackes durchs Gesicht. Nein, das auch noch!

Jetzt platzte dem goldblonden Herzchen, wie in einem billigen, amerikanischen Spielfilm, die rechte Augenbraue an der Außenkante und Blut tropfte schnell nach unten. Ja, klar…aufs Kleid.

38 Minuten bis zur Ankunft des Busses.

Die zwei Mädels in direkter Nähe warfen sich auf Vicci, die nach hinten stürzte und eines der Mädels gleich mit. Jetzt drängten auch die anderen neugierig und hilfsbereit rein. Zwei Geistesgegenwärtige sprangen sofort an die Koffer und holten ihre Ersatzkleider raus. Die Blutbefleckte wurde raus komplimentiert und in ein anderes Kleid gestopft, was mit Luft anhalten irgendwie passte.

An Vicci schrubbten zwei der Vanille-Bienen herum und ich fotografierte, was das Zeug hielt.

Der Hotelarzt rückte das zweite Mal an. Das blutende Schienbein war prächtig versorgt worden.

Der zweite Einsatz nun, um eine ursprüngliche ‚Dame‘, in mittlerweile völlig zerstörtem Brautkleid, soweit mit legalen Drogen zu versorgen, dass die den Weg bis zum Altar schaffen würde und das „JA“ noch rausgurgeln kann.

Dann schließlich noch dem Eifersuchts-Drama-Opfer die Augenbraue tapen und großzügig Schmerzmittel verteilen. Kopfschmerztabletten für alle und was zur ‚Beruhigung‘.

Eine Szene am Rande offenbarte noch, dass zwei der hetero Brautjungfern, urplötzlich entdeckt hatten, dass sie füreinander bestimmt seien und fortan ihr Leben in lesbischem Zusammenleben weiterführen wollten. Eigentlich echt zu viel für ein normales Nervenkostüm, aber – war nun alles egal! – Vicci musste zum Altar!

Sie war schwanger und nur sie wusste, wie das funktioniert haben mag…denn ihr designierter Gatte konnte – ihren eigenen Angaben zur Folge – nicht unbedingt verantwortlich dafür zeichnen, weil der bei den vermeintlichen letzten gemeinsamen Sexorgien, irgendwie auf ihr ins Schnarchen geraten war … Wer immer den Samen für den neuen Erdbürger gespendet hatte, war jetzt völlig scheiß egal … sie musste zum Altar und dann direkt im Anschluss daran … ALLES tun, damit Alfred niemals auf die Idee eines Vaterschaftstestes kommen würde. Die Lage war verzweifelt, aber nicht verloren!

So!

Thank God 4 Jesus! Dieser Doc hatte Humor und die 68er überlebt. Alles funktionierte.
Selbst die Ringe gingen nicht verloren: Alfred trug sie bei sich – nicht Vicci.

P.S.
Es wurde an diesem Tag wirklich noch geheiratet und überraschenderweise auch von den richtigen Personen. Das nenn‘ ich mal Happy End!

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